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Zürich 2
13.02.2024

Stadt hält an eingeschlagenem Weg fest

Die geplante Velovorzugsroute führt auch über die Kilchbergstrasse. Es ist darum unklar, ob der Wollimärt weiterhin dort stattfinden kann.
Die geplante Velovorzugsroute führt auch über die Kilchbergstrasse. Es ist darum unklar, ob der Wollimärt weiterhin dort stattfinden kann. Bild: zvg
Die Kritik an den Veloschnellrouten ebbt nicht ab: Die Velovorzugsroute Wollishofen schlug bereits bei ihrer Vorstellung im vergangenen Jahr hohe Wellen. 471 Einwendungen gingen auf die Ausschreibung ein. Die Stadt lässt sich davon nicht beeindrucken und treibt das Projekt weiter voran.

Pia Meier

Sie soll gemäss städtischem Plan ab 2026 von der Mutschellen- und Tannenrauchstrasse über die Kilchbergstrasse zur Stadtgrenze führen: Die Opposition gegen die Veloschnellroute, oder Velovorzugsroute, wie sie die Stadt nennt, ist gross. Dies widerspiegelte sich auch in der Anzahl Einwendungen. Insgesamt 471 Einwendungen gingen auf die Ausschreibung. In der Zwischenzeit hat die Stadt diese beantwortet. Die meisten Einwendungen wurden zurückgewiesen und die Stadt will an ihrer Planung festhalten.

Auch Martin Bürki äussert sich kritisch: «Der Prozess der Stadt ist völlig intransparent», sagt der Präsident des Quartiervereins Wollishofen. Zu den 471 Einwendungen habe die Stadt nur 3 Seiten mit Bemerkungen verfasst. «Da ist es kein Wunder, wenn viele ihre Anliegen nicht wiederfinden. Wenn man der Bevölkerung das Gefühl gibt, ihre Meinung sei wichtig, sollte man nicht Anliegen einfach unter den Tisch wischen.»

Einwendungen beiseitegewischt

Enttäuscht äussert sich auch Fritz Klein von der Nachbarschaftsgemeinschaft Wollishofen, eine Gruppe von Anwohnerinnen und Anwohner, die sich gegen den «Extremausbau» der Velovorzugsroute wehrt: «Zur Enttäuschung kommt aber bei vielen Anwohnern blanker Ärger – Verärgerung über die Art und Weise, wie die Stadt mit den Einwendungen umgegangen ist.» Auf schnoddrige Art seien 471 individuell verfasste, ernsthafte und höf­liche Einwendungsschreiben, die viele Aspekte zur Sprache bringen, auf sechs Seiten – ohne Titelblatt und Inhaltsverzeichnis  – weggeputzt worden. Viele vorgebrachte Argumente seien einfach links liegengelassen worden.

«Sorgfalt und Ernsthaftigkeit der Bearbeitung der Einwendungsschreiben müssen in Zweifel gezogen werden», moniert Klein. Als Beispiele für die Nachlässigkeit bei der Erstellung des Berichts zu den Einwendungen nennt Klein mehrere Punkte, unter anderem, dass die in Einwendungen geforderte detaillierte Gesamtübersicht und Beschreibung aller im Quartier geplanten Veloschnellrouten nach wie vor nicht vorliegt. Gegenüber dem Erläuternden Bericht bei der Ausschreibung des Projektes würden im Bericht zu den Einwendungen völlig neue Zahlen zum Strassenverkehr genannt, ohne Angaben zum Erhebungszeitpunkt. «Diese neuen Zahlen lagen zum Zeitpunkt der Ausschreibung offensichtlich nicht vor», hält Klein fest. Und weiter: «Eine Zählung des Veloverkehrs, die anlässlich der Informationsveranstaltung der Stadt versprochen wurde und die Aufschluss über den tatsächlichen Bedarf für die Veloschnellroute geben würde, liegt nach wie vor nicht vor.»

Klein kritisiert auch, dass die Einwendungen zur Sicherheit der Schulkinder als «berücksichtigt» bezeichnet werden, ohne etwas am ausgeschriebenen Projekt zu ändern. Vordergründig scheine es, als käme die Stadt dem Quartier hier entgegen. Geplant sind gemäss Tiefbauamt erhöhte Fussgängerstreifen, um den Veloverkehr zu verlangsamen.

Beim Schipferhof hat das Tiefbauamt die Planung zwar angepasst, sagt Martin Bürki. Neu soll der Landwirt von beiden Seiten auf der Kilchbergstrasse zum Bauernhof zufahren können. Auch sollen weitere Plätze für den Warenumschlag möglich sein. Der Quartiervereinspräsident kritisiert den Umgang der Stadt mit den Einwendungen aber ebenfalls: «Die Velovorzugsrouten waren Teil einer Volksabstimmung, die mit 70 Prozent angenommen wurde, und sollen daher umgesetzt werden. Die verallgemeinernde ­Kritik teilen wir nicht», erklärt Bürki. In den Abstimmungsunterlagen habe es geheissen, dass diese autofrei sein sollen. «Es stand aber auch, dass mit einer sorgfältigen Interessenabwägung der in den Quartieren geltende Grundsatz der Koexistenz der Verkehrsteilnehmenden bestmöglich gewahrt werden soll. Aus unserer Sicht findet diese Interessenabwägung aber kaum statt», fügt Bürki an. Die Anliegen der Direktbetroffenen würden kaum berücksichtigt. «Wir setzten uns dafür ein, dass die Stadt die Anliegen zumindest offen und transparent beantwortet. Bei uns mehren sich aber die Meldungen von Personen, die sich beklagen, ihre Einwendung sei nicht mal in der Auswertung erwähnt», sagt Bürki. «Auch eine Einwendung vom Quartierverein ist betroffen. So wurde die Frage zur Zukunft des Wollimärts nicht beantwortet.» Gerne hätte Bürki ein Statement von Stadträtin Simone Brander (SP) dazu, ob der Wollimärt trotz Velovorzugsroute bestehen könne.

Quartierverein sammelt Fragen

Bürki ärgert sich aber noch über einen anderen Punkt: Die erste Veranstaltung der Stadt war gemeinsam mit dem Quartierverein organisiert worden. Bei der geplanten zweiten Veranstaltung verzichte die Stadt aber auf den Einbezug des Quartiervereins. Sie hätten geplant, eine Veranstaltung mit allen Parteien zu organisieren, in der Hoffnung, die Stadt würde auf die Anliegen der Bevölkerung nochmals eingehen. «Nun hat die Stadt eine Veranstaltung am 16. April angekündigt, um vor der Auflage des Projektes nach ­Artikel 16 nochmals die neuen Pläne zu zeigen. Wir wollen keine Konkurrenzveranstaltung zur Stadt organisieren und verzichten jetzt darauf», sagt Bürki.

Der Quartierverein Wollishofen hat aber entschieden, Fragen zu sammeln und sie der Stadt zur Beantwortung zu schicken. «Jeder, der der Meinung ist, seine Einwendung sei nicht erwähnt, und eine Transparenz dazu wünscht, kann sich bis Ende Februar beim Quartierverein melden», empfiehlt Bürki (siehe Fussnote).

Die Stadt wehrt sich

Mit den Vorwürfen konfrontiert, teilt das Tiefbauamt der Stadt Zürich mit: «Generell werden bei uns alle Einwendungen geprüft.» In einem Bericht zu den nicht berücksichtigten Einwendungen werde zu den Einwendungen gesamthaft Stellung bezogen. Dies entspreche der Vorgabe in Paragraf 13 Absatz 2 des Strassengesetzes, der wie folgt lautet: «Zu nicht berücksichtigten Einwendungen ist gesamthaft Stellung zu beziehen.»

Und konkret zur Velovorzugsroute Wollishofen: Im Projekt seien zahlreiche Einwendungen eingegangen, «wobei ein Grossteil der Einwendungen einen ähnlichen Inhalt aufwies und vergleichbare Argumente vorbrachte, insbesondere gegen den geplanten Parkplatzabbau», heisst es vom Tiefbauamt. Die gemeinsame Behandlung von Einwendungen mit einem ähnlichen Inhalt beziehungsweise ähnlichen Argumenten sei im vorliegenden Fall zudem aus Praktikabilitätsgründen angebracht gewesen Dies werde in den Berichten zu den Einwendungen standardmässig so gehandhabt.

Zudem weist das Tiefbauamt darauf hin, dass nach Abschluss der Überarbeitung das Strassenbauprojekt voraussichtlich diesen Sommer erneut öffentlich aufgelegt wird, diesmal im Rahmen der Paragrafen 16 und 17 des Strassengesetzes. In diesem Verfahrensschritt – dem Auflageverfahren – können dann Direktbetroffene Einsprache erheben.

Die E-Mail-Adresse des Quartiervereins Wollishofen lautet info@wollishofen-zh.ch.

Pia Meier/Zürich24