Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland

Von «CO2-Staubsaugern» und von Bäumen

Roland Hohmann, Gemeinderat Grüne, Wahlkreis 9
Roland Hohmann, Gemeinderat Grüne, Wahlkreis 9 Bild: zvg
Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, führt kein Weg daran vorbei, alle vermeidbaren Emissionen – beispielsweise im Verkehr und beim Heizen – zu vermeiden.

Am Mittwoch vor einer Woche debattierte der Gemeinderat über den Bau einer CO2-Abscheidungsanlage im Werdhölzli. Die Pilotanlage soll jährlich 25 000 Tonnen CO2 aus dem Abgas der Klärschlammverwertungsanlage filtern. Danach wird das CO2 in Schweizer Recyclingbeton oder im Meeresgrund unter der Nordsee langfristig gespeichert. Die aufwendige Technologie braucht es, um die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und gefährliche – wahrscheinlich katastrophale – Klimaveränderungen zu vermeiden.

Für das 2-Grad-Ziel müssen nämlich die Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen bis ins Jahr 2050 auf null gesenkt werden. Weil das aber beispielsweise in der Landwirtschaft oder in der chemischen Industrie nicht möglich ist, braucht es Anlagen wie jene im Werdhölzli, um Treibhausgase aus der Luft zu filtern und die unvermeidbaren Emissionen auszugleichen. Man spricht von «Negativemissionstechnologie».

Die Debatte im Gemeinderat war lebhaft. Die einen finden den «CO2-Stabsauger» unnötig und sowieso zu teuer. Andere möchten lieber Bäume pflanzen und so CO2 aus der Luft abscheiden. Das sei billiger und effektiver. Dennoch wurde das Vorhaben schliesslich von einer deutlichen Mehrheit unterstützt. Was ist aber von den Argumenten zu halten? Sind nun «CO2-Stabsauger» oder Bäume die bessere Lösung?

Stellen wir uns dazu eine Zeitmaschine vor. Mit Negativemissionstechnologie drehen wir das Rad der Zeit zurück: Wir entziehen der Luft CO2 und senken die Konzentration auf einen Wert, den sie früher einmal hatte. Nehmen wir beispielsweise an, jeder Mensch auf der Erde pflanzte einen Baum. Das CO2, das die 8 Milliarden Bäume während ihres Wachstums der Luft entziehen, brächte uns jedes Jahr gerade mal 43 Stunden rückwärts in der Klimageschichte. Am 31. Dezember um Mitternacht hätten wir also das Klima vom 30. Dezember um 5 Uhr früh. Für den gleichen Effekt bräuchte es ungefähr 8000 «CO2-Stabsauger» von der Grösse der Pilotanlage Werdhölzli.

Das Rechenbeispiel zeigt, wie begrenzt diese Massnahmen sind. Natürlich ist es sinnvoll, Bäume zu pflanzen. Sie sind wichtig für die Hitzeminderung und leisten einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz. Und natürlich braucht es Pilotanlagen wie jene im Werdhölzli, damit es in Zukunft möglich sein wird, nicht vermeidbare Emissionen am Ort ihrer Entstehung aus den Abgasen abzuscheiden. Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, führt aber kein Weg daran vorbei, alle vermeidbaren Emissionen – beispielsweise im Verkehr und beim Heizen – zu vermeiden. Denn nur so wird es uns gelingen, die Klimakrise zu stoppen und gefährliche Klimaveränderungen zu vermeiden.

In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Volksvertreterinnen und -vertreter regelmässig einen Beitrag. Alle im Stadtparlament vertretenen Parteien bekommen hierzu regelmässig Gelegenheit. Die Schreibenden ­äussern im Beitrag ihre persönliche Meinung.

Roland Hohmann