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Hochhäuser, Stolz und Zuversicht

Martin Busekros, Gemeinderat Grüne, Wahlkreis 10
Martin Busekros, Gemeinderat Grüne, Wahlkreis 10 Bild: zvg
Hochhäuser verstärken die Gentrifizierung und die sommerliche Hitze. Sie gehören bekämpft!

Vor einigen Jahren fuhr ich mit der S-Bahn regelmässig das Stück von Altstetten zum Bahnhof Hardbrücke. Ich nahm für diese Verbindung sogar fünf Minuten mehr in Kauf, so sehr faszinierte mich im Vorbeifahren der Anblick der immer zahlreicheren Hochhäuser. Die Türme entlang der Hohlstrasse, jener auf dem Toni-Areal und kurz darauf das Cluster vom Mobimo bis Prime Tower. Ich sah die Türme als utilitaristische Denkmäler des Fortschritts. Nicht besonders schön, aber dafür können ein Haufen Menschen gut darin leben und arbeiten. Die Türme erfüllten mich mit Stolz auf die sich entwickelnde Metropolie Zürich und gaben mir Zuversicht in deren Zukunft.

Mit der Zeit musste ich feststellen, dass Hochhäuser weder eine Antwort auf die aktuellen Probleme Zürichs sind noch auf jene der Zukunft. Ganz im Gegenteil. Hochhäuser verstärken die Gentrifizierung und die sommerliche Hitze. Sie verschlingen durch ihre Bauweise grosse Mengen an Ressourcen und Energie und verursachen so deutlich mehr Treibhausgasemissionen als gewöhnliche Bauten.

Das ist alles schlecht und unrecht, aber immerhin entsteht durch Hochhäuser ein Haufen Wohnraum, würde an dieser Stelle mein Ich von vor ein paar Jahren einwerfen. Doch nicht einmal diesen Punkt kann man Hochhäusern lassen. So lautet § 284 Abs.  3 des Planungs- und Baugesetzes: Die Ausnützung darf nicht grösser als bei einer gewöhnlichen Überbauung sein; eine Ausnahme ist ausgeschlossen.

Selten ist ein Gesetz so klar. Was hingegen damals selbst mir klar war, ist, dass die Wohnungen in den Türmen wohl kaum erschwinglich sind. Auf newhome.ch wird im Mobimo Tower eine 4,5-Zimmer-Wohnung für 4,3 Mio. zum Verkauf angeboten. Die Möglichkeit, ein Hochhaus zu bauen, steigert den Wert eines Grundstücks immens, was sich in den horrenden Preisen niederschlägt.

Heute werden viele Hochhäuser mit Gestaltungsplan oder ähnlichen Planungsinstrumenten gebaut, wodurch sich gegen sie das Referendum ergreifen lässt. Durch die neuen Hochhausrichtlinien sollen neu in weiten Teilen der Stadt Hochhäuser weitestgehend ohne demokratische Kontrolle gebaut werden dürfen. Nur die erlauchten Mitglieder des Baukollegiums – deren Ernennung kaum demokratischer Kontrolle unterliegt – können entlang der äusserst vagen Kriterien der Hochhausrichtlinien urteilen, was wo gebaut werden darf. Das macht das Baukollegium zweifelsohne zum mächtigsten, nicht vom Volk gewählten Gremium Zürichs – die Konzerne mal ausgeschlossen.

Die neuen Hochhausrichtlinien erfüllen mich weder mit Stolz, noch stimmen sie mich zuversichtlich in Zürichs Zukunft. Sie gehören bekämpft!

In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Volksvertreterinnen und -vertreter regelmässig einen Beitrag. Alle im Stadtparlament vertretenen Parteien bekommen hierzu regelmässig Gelegenheit. Die Schreibenden ­äussern im Beitrag ihre persönliche Meinung.

Martin Busekros