Die Coronakrise sowie die geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass in Zürich die Unterbringung der Menschen auf der Flucht, insbesondere von unbegleiteten Minderjährigen (MNA), gerade für die Asylorganisation Zürich (AOZ) zur immer grösseren Herausforderung wurde. Situationen wie im Zentrum Lilienberg, bei denen sogar die Einhaltung der Kinder- und Menschenrechte thematisiert wurden, dürfen nicht mehr vorkommen. Der Leistungsauftrag der selbstständigen öffentlich-rechtlichen AOZ ist dadurch in den Fokus geraten, weshalb uns die Revision dieses Leistungsauftrags in der Spezialkommission des Sozialdepartements (SK SD) in den vergangenen Monaten stark beschäftigte.
Im Rahmen einer intensiven Beratung der AOZ hat der Stadtrat in der neuen Leistungsvereinbarung gute und umsetzbare Minimalstandards zur Unterbringung von vulnerablen Personengruppen (MNA, LGBT, Gewaltbetroffene) definiert. Der von der FDP angestrebte Spagat zwischen Qualität der Unterbringung und Vertrauen in die Führung der AOZ ist meines Erachtens gelungen.
Aber: Der Leistungsauftrag hat Lücken. So stellt sich etwa die Frage, wie man mit den über 400 MNA umgeht, die zurzeit hier sind und auch hierbleiben. Diese Menschen sind zwar die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft, haben aber auch das grösste Potenzial; das kann ich aus meiner Arbeitserfahrung als Berufsschullehrer mit MNA bestätigen. Was wir hier investieren, werden wir in Zukunft als Gesellschaft doppelt und dreifach zurückbekommen.
Entscheidungsgrundlagen statt Mikromanagement
Eine Allianz aus FDP, SP, den Grünen und AL hat zwei Postulate ausgearbeitet, die den Leistungsauftrag der AOZ und die Situation der MNA nachhaltig verbessern sollen und die beide grossmehrheitlich angenommen wurden. Im ersten geht es um die dezentrale Unterbringung der MNA. Im zweiten geht es um Daten: Eine systematische Erfassung mit mehr Daten der vulnerablen Klienten der AOZ schafft bessere Entscheidungsgrundlagen. In zwei anderen Postulaten grenzen die detaillierten Bestimmungen und Verpflichtungen für das AOZ jedoch schon an Mikromanagement. Deshalb lehnte die FDP sie ab, denn sie würden der Entwicklung mehr schaden als nützen.
Bei der Ausarbeitung der neuen Verordnung über die AOZ braucht es noch Zeit. Die Frage hier lautet: Wie werden die Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsrat der AOZ, Stadtrat und Gemeinderat aufgeteilt? Das wird uns in der Kommission beschäftigen. Klar ist: Die AOZ hat bereits die nötige Sicherheit und kennt nun den abgesteckten Rahmen und die geforderten Standards, um mit diesem neuen Fundament in die Zukunft zu gehen.