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Das Feierabendparlament stösst an seine Grenzen

Claudia Rabelbauer, Gemeinderätin EVP, Wahlkreis 9
Claudia Rabelbauer, Gemeinderätin EVP, Wahlkreis 9 Bild: zvg
Immer häufiger ziehen sich die Ratssitzungenin die Länge,oft bis nach 22 Uhr.

Die Vorstösse nehmen im Stadtzürcher Parlament kontinuierlich zu. Die Ratssitzungen ziehen sich in die Länge. Die Geschäfte stauen sich in den Kommissionen, finden dann aber keinen Abschluss, sondern werden zurückgewiesen, was erneut zu mehr Aufwand führt. Austritte von Ratsmitgliedern häufen sich. Stösst das Feierabendparlament an seine Grenzen?

Die EVP steht hinter dem Milizsystem. Es ist Ausdruck unseres Demokratieverständnisses und des Mitspracherechts der Bürgerinnen und Bürger. Mitglieder des Parlaments müssen keine Verwaltungsfachkräfte im engeren Sinne sein. Sie müssen die Ratsgeschäfte prüfen und die Aufsicht über den Stadtrat und die Verwaltung wahrnehmen.

Zunehmend versteht sich das Parlament aber, vor allem die links-grüne Ratsseite, die notabene die überwiegende Mehrheit im Stadtrat stellt, als operative Leitung. So häufen sich Ablehnungen von Bauvorhaben, einzig weil sie den Maximalforderungen der links-grünen Ratsmehrheit bei energetischen Vorgaben oder bei der Anzahl preisgünstiger Wohnungen nicht entsprechen.

Für viele Unternehmer und Investoren sind das keine ermutigenden Signale, weiterhin in die Stadt Zürich zu investieren. Ohne Planbarkeit und langfristige Verlässlichkeit wird es künftig noch weniger Bauprojekte geben, was die so schon schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich belasten wird. Dass sich Ratsmitglieder darum bemühen sollen, mit Fragen, Anregungen und Vorstössen Lösungen zu finden, ist ein wichtiger Teil der Rats­arbeit.

Es fehlt zurzeit jedoch die nötige Kompromissbereitschaft sowie das Fair Play und das richtige Mass. Es ist nun mal einfach für private Bauherrschaften, die über mehrere Jahre hinweg planen, nicht fair, während des Spiels die Spielregeln zu ändern und ein ausgewogenes Bauprojekt abzulehnen, weil es den Maximalforderungen nicht entspricht. Und es ist auch nicht die Aufgabe des Parlaments, operativ Einfluss auf die Arbeit des Stadtrats und der Verwaltung zu nehmen. Die operative Umsetzung ist Sache der Exekutive.

Aufgrund der vielen Vorstösse kommt der Rat an seine Grenzen. Immer häufiger ziehen sich die Ratssitzungen in die Länge, oft bis nach 22 Uhr. Für jene, die im Berufsleben voll engagiert sind, ist diese hohe Sitzungskadenz nebst den Kommissionssitzungen und der politischen Basisarbeit in den Quartieren fast nicht mehr leistbar. Da die Flut an Vorstössen nicht zu stoppen scheint, muss sich der Rat darüber Gedanken machen, wie er in Zukunft für die Parlamentsarbeit attraktiv bleiben und die Vereinbarkeit mit Beruf und Familie wahren kann.

In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Volksvertreterinnen und -vertreter regelmässig einen Beitrag. Alle im Stadtparlament vertretenen Parteien bekommen hierzu regelmässig Gelegenheit. Die Schreibenden ­äussern im Beitrag ihre persönliche Meinung.

Claudia Rabelbauer