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Kampf dem Online-Diktat: Nein zu so einem ESC in Zürich

Bernhard im Oberdorf, Gemeinde- und Kantonsrat SVP, Wahlkreis 6
Bernhard im Oberdorf, Gemeinde- und Kantonsrat SVP, Wahlkreis 6 Bild: SVP Kanton Zürich
Das Finale kostet sowieso mehr, als es einbringt – und eine Ehre ist es erst recht nicht mehr.

Im Zürcher Stadtparlament ging die Forderung um, das nächste Finale des «European Song Contest» (ESC) nach Zürich zu holen. Dass der Event in die Schweiz kommt, ist Tradition, nachdem der  Schweizer Beitrag am Finale gewonnen hat. Nun geht der Rummel los. Lohnt sich das?

Der ESC ist nicht mehr das, was seine Urform, der «Grand Prix de la Chanson», noch war. Damals ging es um Balladen, um Inhalte, je länger, desto mehr hat jedoch der Klamauk seinen Einzug gehalten. Es wird weniger ein Lied bewertet als vielmehr die Show. Letztere ist flüchtig, kein Wunder ist es, wenn die Siegerlieder je länger, desto weniger in Erinnerung bleiben.

Mit «Waterloo» haben die Abba noch Geschichte geschrieben, mit «Ne partez pas sans moi» war das Céline Dion für die Schweiz vergönnt, «Après toi» von Vicky Leandros legte den Grundstein  für zahlreiche schöne Lieder in Deutsch oder Französisch, und «Tu te reconnaîtras» von Anne-Marie David wurde gar in 28 Sprachen übersetzt.

Die Trendwende kam, als mit einer neuen Regelung die Fachjury vom Publikum per SMS übersteuert wurde; von Jury kann hier nicht mehr die Rede sein: Von jedem Handy aus können bis zu zwanzig Stimmen abgegeben werden. Die stärkste Lobby obsiegt, setzt sie nun chauvinistisch auf eine Ländersolidarität, auf ein gesellschaftliches, politisches Statement oder schlicht auf eine meist banale, funkelnd grelle Show. Natürlich, die Organisatoren und Fernsehanstalten profitieren finanziell von den abgesetzten SMS-Meldungen. Damit versinkt der Wettbewerb in der Wert- und Bedeutungslosigkeit.

Früher musste man, um die Unbestechlichkeit zu garantieren, strikte geheim halten, wenn man in der Jury sass. Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen, und ich nahm die Aufgabe ernst: Da früher noch in den originalen Landessprachen gesungen wurde, liess ich mir die Übersetzungen in die Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch kommen, setzte die Hälfte der Punkte fest anhand des Inhaltes und finalisierte schliesslich im Fernsehstudio, als ich die Lieder ohne Bild in der Hauptprobe hörte.

Bei der Sendung waren meine Bewertungen gemacht – ohne jeden Einfluss der Show. Das Finale fand in Brighton statt, und die Engländer führten mit dem dümmlichen Titel «Hang on Baby». Ein Raunen ging durch die Halle, als die Schweizer Jury die Rangordnung kehrte, mit «zero points» die bislang führenden Engländer nach hinten versenkte und Marie Myriam mit «twelve points» für «L’oiseau et l’enfant» bedachte: Das führte zum Gewinn.

Unter solchen Voraussetzungen wäre es eine Ehre, das nächste Finale in der Schweiz oder gar in Zürich auszutragen. Wenn aber die Anzahl von Klicks auf dem Handy entscheidend ist, kann man sich das Online-Diktat sparen: Das Finale kostet sowieso mehr, als es einbringt – und eine Ehre ist es erst recht nicht mehr. Wozu also die Aufregung mit zwei Postulaten im Gemeinderat?

In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Volksvertreterinnen und -vertreter regelmässig einen Beitrag. Alle im Stadtparlament vertretenen Parteien bekommen hierzu regelmässig Gelegenheit. Die Schreibenden ­äussern im Beitrag ihre persönliche Meinung.

Bernhard im Oberdorf